Immobilie geerbt? Das müssen Sie wissen!
von Dipl.-Rechtswirt (FSH) David Loebert
Das Thema Erben und Vererben beschäftigt früher oder später jeden von uns. Was soll später mit meinem Hab und Gut passieren? Wer bekommt was? Oftmals handelt es sich hierbei nicht nur um Erbstücke, wie zum Beispiel Geld oder Schmuck, der von Generation zu Generation in der Familie weitergegeben wird, sondern auch um eine Immobilie.
Immobilien machen einen Großteil des Erbes aus und sind daher oft auch ein Streitthema. Viele Menschen haben sich im Laufe ihres Lebens eine Eigentumswohnung oder ein Haus erarbeitet und wollen dieses natürlich an die nächste Generation oder an den Lebenspartner weitergeben. Sobald ein Testament vorliegt ist der Sachverhalt oftmals klar, wobei es auch dann einige Dinge zu beachten gibt. Liegt jedoch kein Testament vor, stehen die Erben meist vor vielen ungeklärten Fragen:
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- Habe ich Haftungsrisiken zu erwarten und können diese eingegrenzt werden?
- Wer erbt welchen Anteil?
- Soll man verkaufen, vermieten oder selbst einziehen?
- Was passiert, wenn wir uns als Erben nicht einigen können?
- Wenn die Gefahr von Streitigkeiten besteht, kann dem der Erblasser zu Lebzeiten vorbeugen?
- Wie sieht es mit der Erbschaftssteuer aus?
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Viele Fragen und viele unterschiedliche Szenarien, welche einen kurz nach dem Tod eines Angehörigen schnell überfordern können.
Anhand dieses Beitrags möchte ich eventuell offene Fragen klären und etwas Klarheit schaffen.
Mögliche Haftungsrisken beim Erben im eigenen Interesse gründlich bedenken und sorgfältig prüfen
Kein Mensch rechnet mit dem plötzlichen Tod eines Angehörigen. Jedoch sollte man sich mit den Haftungsrisiken beim Erben, durch den plötzlichen Verlust eines Angehörigen, – im eigenen Interesse – intensiv auseinandersetzen. Ansonsten läuft man Gefahr, sollte das Vermögen überschuldet sein, Schulden zu erben. Dann wäre schlimmstenfalls das Erbe ein Fluch und kein Segen.
Einige Fragen, die es zu klären gilt:
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- In welcher Höhe sind Nachlassverbindlichkeiten vorhanden?
- Erbschaft annehmen oder innerhalb der sog. sechs Wochen-Frist ausschlagen?
- Die Erbausschlagungsfrist wurde versäumt. Welche Möglichkeiten bestehen noch, die Haftung einzugrenzen?
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Sie sollten sich innerhalb der sogenannten sechs Wochen-Frist einen sorgfältigen Überblick über den Nachlass verschaffen! Selbstverständlich sollten Sie bei einem überschuldeten Nachlass die Finger von der Erbschaft lassen!
Sollten Sie hingegen die Ausschlagungsfrist versäumt haben, haben Sie weitere Möglichkeiten die Haftung (mit dem Privatvermögen) möglicherweise einzugrenzen:
- Sie können die Zahlungen auf Nachlassverbindlichkeiten verweigern (3 Monate ab Annahme, sog. Dreimonatseinrede). Verschaffen Sie sich in dieser Zeit einen Überblick über den Nachlass! Sollte das Vermögen überschuldet sein, so bleibt das eigene Privatvermögen verschont und beschränkt sich die Haftung nur auf das Vermögen des Nachlasses.
- Die Möglichkeit einer dauerhaften Haftungsbeschränkung besteht ebenfalls. Sie können beim zuständigen Nachlassgericht eine sog. Nachlassverwaltung beantragen, diese muss jedoch gerichtlich angeordnet werden. Ein Nachlassverwalter wird dann bestellt und aus dem Nachlass bezahlt. Sollte sich herausstellen, dass der Nachlass überschuldet ist, wird ein Nachlassinsolvenzverfahren beantragt. Bedenken Sie bitte, dass eine Verpflichtung bei Kenntnis einer Überschuldung gegenüber dem Gericht besteht, d.h., dass Sie dazu gesetzlich verpflichtet sind, ansonsten machen Sie sich gegenüber den anderen Gläubigern eventuell schadensersatzpflichtig – und ganz ehrlich: Wer will das schon?
- Sollte die amtliche Abwicklung der Nachlassverwaltung oder des Nachlassinsolvenzverfahrens wegen fehlendem Kapital (unzureichender Mittel) nicht möglich sein und vom Gericht abgelehnt werden (Ablehnungsbescheid), können Sie dies gegenüber den Nachlassgläubigern geltend machen, dies führt ebenfalls zur Haftungsbeschränkung (sog. Dürftigkeitseinrede).
- … und zu guter Letzt: meldet sich ein Gläubiger erst nach 5 Jahren seit dem Erbfall bei Ihnen und verlangt die Zahlung seiner Forderung, können Sie sich auf die sog. Versäumniseinrede berufen, diese Einrede schützt vor „Spätgläubigern“. Ihnen dürfen jedoch vor Ablauf dieser 5 Jahren die Verbindlichkeiten nicht bewusst gewesen sein.
Sie sehen, es gibt viele Möglichkeiten. Dennoch zur Klarstellung: Handeln Sie rechtzeitig und lassen die Möglichkeiten nicht unausgeschöpft. Eine verbindliche Rechtsauskunft zu Ihren Fragen kann Ihnen nur ein Rechtsanwalt geben.
Die Erbengemeinschaft
Immobilien werden oft nicht einer einzelnen Person vererbt, sondern gehen an eine Erbengemeinschaft über. Diese Erbengemeinschaft kann aus den eigenen Kindern, dem jeweiligen Ehepartner oder sogar den Enkelkindern des Verstorbenen bestehen. Den Kindern und Ehepartnern steht ein Pflichtanteil zu. Ebenso den Enkelkindern, sollten deren Eltern bereits schon verstorben sein. Ein einzelner Erbe kann nicht allein über die Erbschaft verfügen, sondern muss das Einverständnis der anderen Erben einholen.
Sollte einer der Erben die Immobilie verkaufen wollen, benötigt er vor dem Verkauf die Zustimmung aller anderen Erben. Sollt sich einer der Erben für die Immobilie interessieren, um sie beispielsweise selbst zu nutzen, gibt es mehrere Möglichkeiten:
Er kann die „Anteile“ von den Anderen kaufen (und die Erben ausbezahlen) oder in Abstimmung mit der Erbengemeinschaft zur Miete in der Immobilie wohnen.
Sollte es zu Unstimmigkeiten zwischen den Erben kommen, ob beispielsweise verkauft werden soll oder nicht, bleibt den Erben als letzte Möglichkeit für eine Entscheidung, die Zwangsversteigerung zur Aufhebung der Gemeinschaft (Teilungsversteigerung) zu betreiben. Die Teilungsversteigerung kann von jedem Erben der Erbengemeinschaft beim zuständigen Amtsgericht beantragt werden.
Der Testamentsvollstrecker
Der Erblasser kann in seinem Testament einen Testamentsvollstrecker benennen, wenn die Gefahr von Streitigkeiten in der zukünftigen Erbengemeinschaft besteht. Streitigkeiten sind leider die Regel und nicht die Ausnahme. Um die Verwertung seines Vermögens oder eines Teils davon durch einen Testamentsvollstrecker vornehmen zu lassen, muss der Erblasser dies im Testament ausdrücklich anordnen (z.B.: „Ich ordne Testamentsvollstreckung an. Zum Testamentsvollstrecker bestimme ich Herrn David Loebert, Auf der Halle 40, 75045 Walzbachtal.“).
Der Testamentsvollstrecker kann das Amt annehmen oder ablehnen. Nimmt er es an, so kann er weitgehend unabhängig vom Willen der Erben entscheiden. Er erhält eine angemessene Vergütung, sofern nichts anderes bestimmt wurde.
Die Erbschaftssteuer
Je nachdem wie hoch der Wert des Nachlasses ist und wer Erbe wird, wird auch Erbschaftssteuer fällig. Bei Immobilien entfällt die Erbschaftssteuer, wenn die Immobilie 10 Jahre lang selbst genutzt wird.
Die Freibeträge der Erbschaftssteuer sind je nach Verwandtschaftsgrad zum Erblasser unterschiedlich:
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- Ehegatten, eingetragene Lebenspartner haben einen Freibetrag bis 500.000 Euro
- Kinder und Stiefkinder: 400.000 Euro
- Enkelkinder haben einen Freibetrag von 200.000 Euro
- Die Eltern und Großeltern haben einen Freibetrag von 100.000 Euro
- Alle andere Erben haben einen Freibetrag von 20.000 Euro
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Das Testament
Auch wenn ein Testament vorhanden ist, bleibt die gesetzliche Erbfolge ein zentrales Thema. In erster Linie zählt natürlich der Wille des Erblassers, dennoch haben Verwandte ein Anrecht auf einen Teil des Erbes.
Sollte die Immobilie das einzige wertvolle Erbstück des Erblassers sein und den Kindern direkt vererbt werden, obwohl der Ehepartner noch am Leben ist, so steht dem Ehepartner ein Pflichtteil des Erbes zu. Dieses kann er rechtmäßig einfordern!
Für den oder die Erben stellen sich dann viele Fragen:
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- Wie entscheide ich mich jetzt?
- Soll ich verkaufen?
- Es selber nutzen?
- Oder doch vermieten?
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Eine allgemeine Antwort oder Musterlösung gibt es nicht. Die Antwort ist stets von der individuellen Situation abhängig!
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